Bekanntlich hat ja alles irgendwie seinen Sinn. Gilt das denn auch für Schwächen oder Unzulänglichkeiten?
Grundsätzlich gilt es sich folgende Frage zu stellen: Was sind eigentlich Schwächen und Unzulänglichkeiten?
Verstehen wir Schwächen als das Gegenstück zu Stärken und Unzulänglichkeiten zu jenem von Kompetenz, so fallen die beiden Titel, Schwächen und Unzulänglichkeiten eher in unser negatives Werte-System. Doch Hand aufs Herz: Haben wir nicht alle unsere Schwächen und Unzulänglichkeiten? Machen sie uns nicht ganz einfach zu ganz natürlichen, normalen Menschen mit all unseren lichten und schattigen Anteilen? Kennen Sie einen Menschen ohne diese beiden „Zutaten“?
Interessant wird es dann, wenn wir unsere Schwächen und Unzulänglichkeiten und jene von Anderen betrachten. Was löst das in uns aus? Wie gehen wir mit dem, das sich uns zeigt, um? Jeder Mensch wird auf seine eigenen Schwächen/Unzulänglichkeiten und jene der anderen anders reagieren. Oft sind wir blind für die eigenen Muster, die mit den eigenen Schwächen/Unzulänglichkeiten verknüpft sind, decken hingegen jene der anderen mit Feuereifer auf.
Wir beobachten Menschen, die an ihren Schwächen und Unzulänglichkeiten zerbrechen und wiederum andere, die an ihnen wachsen. Wie kann man sich das erklären?
Alles, was in uns Ablehnung auslöst, erzeugt in uns eine Form von Stress. Unter Stress werden wir diverse negative, kräftezehrende Muster zur Bekämpfung eben dieser abrufen. So lange wir gegen etwas ankämpfen, werden wir keine entwickelte, erlöste Form leben können. Folglich werden wir immer mit unseren inneren Widerständen dermassen zu tun haben, dass ein friedlicher Umgang mit uns selbst nicht möglich sein wird.
Diese Menschen, die die eigenen Schwächen und Unzulänglichkeiten nicht annehmen, werden unter diesem Mangel immer leiden. Menschen, die hingegen einen Sinn, in ihren eigenen Schwächen und Unzulänglichkeiten finden, werden eher an ihnen wachsen. Viktor Frankl, der Gründer der Logotherapie, macht in seiner Theorie folgende Aussage: „Wenn ich den Sinn verstehe, kann ich daran wachsen.“
Also gilt es, sich immer wieder zu fragen, was wir aus unseren Schwächen und Unzulänglichkeiten lernen können und wofür diese stehen. Wenn wir folglich das Gute in unseren Schwächen und Unzulänglichkeiten erkennen, werden wir unsere Schwächen und Unzulänglichkeiten verstehen und würdigen lernen.
Was können wir somit tun, damit wir an unsren Schwächen wachsen und nicht unter ihnen in die Knie gehen?
Ein Praxisbeispiel:
Ein Klient kam in die Praxis, weil er vollkommen ausgelaugt war und das Gefühl hatte, sich nur noch im Kreis zu drehen.
So werden unsere persönlichen „Mangelerscheinungen“ zu kostbaren Chancen der Entwicklung. Wer bereit ist, bei sich selber hinzuschauen, an sich zu arbeiten und seine Schattenanteile auszuleuchten, was manchmal sehr schmerzhaft sein kann, der wird mit Entwicklung belohnt.
Wer hingegen den Weg der Selbstreflexion ablehnt, sei es aus Bequemlichkeit, Gleichgültigkeit oder falscher Selbsteinschätzung, der wird eigene schwere Themen immer als solche in seinem Gepäck mit sich tragen- wobei sich zu diesen auch problemlos noch neue hinzugesellen können.
Sylvie Gloor & Barbara Prinzing
Bildquelle: sasint / Pixabay.com
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