Heute geht es um Fabio. Fabio ist Ende zwanzig. Er kaut Nägel wenn er angespannt und nervös ist. Begonnen hat das Nägelkauen… er weiss es auch nicht mehr genau. Jedenfalls erinnert er sich nicht genau an die Zeit davor. Tinkturen und sonstige Mittelchen haben in der Vergangenheit nichts genutzt, obwohl sie eklig waren. Der Drang war so gross, dass er die Gegenmittel einfach mitgekaut hat.
Fabio lebte heute mit seiner Freundin zusammen. Bis ca. 25-jährig war er noch zu Hause. Er hat einen Lehrabbruch wegen Missachtung von Vorschriften im Betrieb hinter sich. Eine Zweitlehre hat er aber erfolgreich abgeschlossen. Fabios Mutter ist streng mit ihm; die Beziehung zu ihr eher konfliktreich. Laut eigener Aussage konnte er ihr nicht viel recht machen und ging deswegen oft in Opposition / Konfrontation. Der Vater ist toleranter.
Ist tendenziell chaotisch und nicht sehr kooperativ, wenn es um die Themen Ordnung / Zukunft geht. Dadurch auch Spannungen in der aktuellen Beziehung. Eigentlich ist er aber ein häuslicher Typ, wohlwollend, interessiert und wissbegierig.
Wenn es um seine Passion, den Sport geht, blüht er auf. Er spielt aktiv in der 2. Liga. Und er konsumiert regelmässig Snuz.
Nach der ersten Sitzung war er für fast 3 Wochen praktisch komplett beschwerdefrei. Es war eine suggestive Sitzung mit einer kurzen Bildererleben-Sequenz zum Einstieg, in dem er sein Traumhaus besuchte. Zudem ein kurzer Timeline-Einschub, in dem er ca. 5 jährig im Wohnzimmer sass und seine Mutter hat mit ihm geschimpft.
In der zweiten Sitzung gingen wir auf den Berg (Bildererleben Teil 3). Im Heruntergehen vom Berg bei der Kapelle erschien ihm seine Mutter, bei der er sich entschuldigte, dass er ein schwieriger Sohn war und ihr nie gesagt hat, dass er sie eigentlich gern hat.
Aufgabe:
Fabio hat darauf hin die Aufgabe erhalten, der Mutter dies von Angesicht zu Angesicht zu sagen oder ihr einen Brief zu schreiben. Die Aufgabe ist absichtlich sehr hoch angesetzt. Auf der einen Seite, um ihn zu fordern, sich Unterstützung zu suchen, auf der anderen Seite, um ihm zu zeigen, was er noch vor sich hat. Denn er ist (noch) nicht bereit, für sein Thema mehr als ein gewisses (kleines) Budget einzusetzen.
Fragestellung:
Erwartungsgemäss schafft es noch nicht, auf seine Mutter zuzugehen. Es gehe einfach nicht, sagt er. Auf der anderen Seite sieht er keine Notwendigkeit, erneut in eine Sitzung zu kommen, da er das Nägelkauen laut eigenen Angaben gut unter Kontrolle hat.
Inputs:
Aus der Palette von Inputs konzentrieren wir uns an dieser Stelle auf die ICH-Stärkung.
Wenn das Ziel eines Fabios wirklich ist, den Schritt auf sein Gegenüber zuzugehen – im vorliegenden Fall also die Mutter –, dann sind Übungen/Sitzungen zur ICH-Stärkung ein probater Ansatz. Unter der Vielzahl von Methoden erwähnen wir hier einerseits die Phyllis-Krystal-Methode und andererseits das Ressourceogramm.
Bei der „Phyllis-Krystal-Methode“ lehnt sich an die aktive Imagination nach Carl Gustav Jung und an das Autogene Training nach Johannes Heinrich Schultz und beinhaltet das Arbeiten mit einfachen Symbolen, die auf spezifische Weise verwendet werden. Bei der Anwendung der Symbole geht es darum, harmonisierende oder transformierende Impulse im Unbewussten zu aktivieren, um die persönliche Autonomie und Authentizität zu steigern. Als Beispiel dient das Bild des Baumes, der mit seinen Wurzeln in die Mutter Erde greift und halt findet (Yin). Mit der Krone ragt er in den Himmel (Yang) und stärkt sich so durch die weibliche irdische und die durch die männliche kosmische Energie.
Beim Ressourceogramm nach Christian Schwegler geht es um das intuitives Finden von Ressourcen um ein Problem oder eine Herausforderung zu meistern. Dabei geht es darum, in der Entspannung die Wahrnehmung so zu schärfen, dass man spürt, wo sich das Thema / die Frage im Körper zeigt. Danach wird gefragt, welche Ressourcen hinter, links, rechts, oben, unten und vor Fabios stehen und welches deren Qualitäten sind. Aufgrund der Antworten wird herauskristallisiert, welche Eigenschaften dem Klienten im Bewusstsein noch fehlen.
Parallel oder alternativ dazu gibt es immer auch den bewährten Lösungsspaziergang.
Bild von Keith Johnston auf Pixabay
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